Mit anwendungsbasierter Informatik die Energiewende vorantreiben
Die Informatik ist überall – mit zunehmender Digitalisierung hat die Informatik Einzug in sämtliche Branchen gehalten, wenn auch auf den ersten Blick nicht immer ersichtlich. Sylvia Rath, Personalreferentin der Wuppertaler Stadtwerke, und Bastian Dette, Entwickler digitaler Produkte für die Wuppertaler Stadtwerke, im Interview über die Informatik in den Stadtwerken, das Deutschlandstipendium und die zukünftigen Herausforderungen für Informatiker*innen.
Die Stadtwerke sind allgemein als Energieversorger und Mobilitätsanbieter in der Region bekannt. Wie viel Informatik steckt denn in den Wuppertaler Stadtwerken?
Bastian Dette: Wir sind ja nicht nur Energieversorger, sondern Infrastrukturdienstleister und decken die gesamte Sparte von Mobilität über Energie und Wasser bis hin zum Netzbetrieb ab. Vielleicht müssen wir die Informatik bei den Stadtwerken differenziert betrachten: Einmal als Thema in den Betrieben, wo wir schon seit Jahrzehnten die Steuerungstechnik der Anlagen entwickeln und Daten aus den Erzeugungsanlagen verarbeiten, und dann als Vertriebsthema. Hier geht es einmal in Richtung Marketing und Datenanalyse: Wir möchten wissen, wer unsere Kunden sind, wie wir sie erreichen und ansprechen können. Ein anderes Thema ist das Energiesystem der Zukunft. Das ist ein dezentrales System, das am Ende nur über Digitalisierung funktioniert. Wir als Dienstleister, müssen die Daten am Ende wieder zusammenfassen. Das heißt, wir müssen riesige Datenmengen erheben, speichern, übertragen, auswerten und am Ende wieder für die Kunden aufbereiten.
Wir müssen uns dabei immer wieder unser Ziel vor Augen führen, für die Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen, individuelle Lösungen mit Mehrwerten zu entwickeln.
Wo wir gerade beim Thema Energiesystem der Zukunft sind: Welchen Beitrag zur Nachhaltigkeit können Informatiker*innen bei den Stadtwerken leisten?
Bastian Dette: Auch hier kann man es wieder trennen. Generelle IT-Infrastrukturthemen sind natürlich die Grundlage. Das andere ist dann die anwendungsbasierte Informatik, mit der man wirklich die Energiewende vorantreiben kann. Das wichtigste Thema dabei ist, den Kunden mitzunehmen, denn nur mit ihm wird es ja funktionieren. Wir müssen unsere Daten nicht nur visualisieren, sondern vor allem Prozesse automatisieren.
Zum Beispiel haben wir jetzt einen dynamischen Stromtarif aufgesetzt, bei dem sich unterschiedliche Preise pro Stunde ergeben, abhängig von der Nachfrage und der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien. In einer Stunde kostet der Strom dann vielleicht 30 Cent, abends, wenn es einen höheren Verbrauch gibt, ist der Strom vielleicht teurer und an Tagen, an denen ganz viel Wind weht, wird der Strom günstiger. Unsere erste Herausforderung ist es, diese Informationen an den Kunden zu geben, sodass dieser weiß: „Jetzt ist der Strom günstig. Jetzt sollte ich meine Waschmaschine starten oder das E-Auto an der Wallbox laden.“ Weitergedacht, muss der Verbraucher im besten Fall aber gar nicht mehr selbst aktiv werden, sondern gibt dem System seine Prämissen, sodass beispielsweise die Waschmaschine bei gewünschten Konditionen automatisch startet.
Bei Haushaltsgeräten ist das momentan schwierig, weil die Schnittstellen einfach noch nicht verfügbar sind. Beim Thema Wallbox testen wir aber gerade intern eine erste Version: Die Kunden teilen über eine App mit, zu welcher Uhrzeit und mit welchem Ladestand sie morgens ihr Auto nutzen wollen. Das System steuert dann vom Einstöpseln bis zum Startzeitpunkt, wann das Auto geladen wird, um Kosten zu sparen und das Netz zu entlasten.
Das orchestrieren wir alles im Hintergrund und ermöglich so, die Optimierung des Ladevorgangs.
Mit welcher Motivation stiften Sie ein Stipendium an der Fakultät für Informatik?
Sylvia Rath: Uns ist es wichtig, Verantwortung zu übernehmen und in die Zukunft zu investieren. Daher sind wir gerne Förderer des Deutschlandstipendiums an der Rub. Bei unserer Zusage als Stipendiengeber konnten wir Wünsche zum Studiengang angeben. Die Auswahl ist groß und geht von Elektrotechnik, Maschinenbau, Bauingenieurwesen, Mathematik, über IT-Sicherheit und Informatik zu noch einigen weiteren Studiengängen.
Was können Deutschlandstipendiaten bei WSW erwarten?
Sylvia Rath: Uns ist persönlicher Kontakt wichtig. Wir laden unsere Stipentiaten*innen ins Unternehmen ein, lernen uns kennen, klopfen zunächst die Erwartungen der Studierenden ab und gleichen diese mit unseren grundsätzlichen Angeboten, wie Praktika, Werkstudentenjobs und Betreuung von Abschlussarbeiten ab. Unsere Stipendiaten werden, wie alle unsere neuen Mitarbeitenden, zu einer zweitägigen Onboarding Veranstaltung eingeladen, bei der die Geschäftsführung und viele Führungskräfte über Strukturen, Aufgaben und Herausforderungen für WSW informieren. Hier entstehen nützliche Netzwerke zu Mitarbeitenden und Verantwortlichen. Mehrere Betriebsbesichtigungen runden die Veranstaltung ab. Wir halten, wenn gewünscht, einen engen Kontakt zu unseren Stipendiaten/innen und bieten Unterstützung an, wo es erforderlich ist. Das kann ein Praktikum, ein Fachgespräch mit Spezialisten, eine Exkursion oder vielleicht auch eine Unterstützung der nächsten Fachschaftsparty sein. Wir möchten ihnen zeigen, wie vielseitig die Aufgaben und Einsatzmöglichkeiten in unserem Unternehmen sind, zeigen, was alles dahintersteckt. Oft sind diese Dinge leider nicht so transparent, wie man es sich wünschen würde.
"Gerade diese Vermischung von, sei es jetzt Maschinenbau oder Elektrotechnik, mit der Informatik - bietet für die Zukunft einen erheblichen Vorteil."
Bastian Dette
Jetzt haben Sie einen Stipendiaten, der Maschinenbau und Angewandte Informatik studiert.
Sylvia Rath: Das war natürlich ein Glücksgriff und unser Wunsch wurde gleich in zweifacher Hinsicht erfüllt
Bastian Dette: Gerade diese Vermischung von, sei es jetzt Maschinenbau oder Elektrotechnik, mit der Informatik – bietet für die Zukunft einen erheblichen Vorteil. Viele Maschinenbauprobleme haben einen großen Informatikanteil. Andererseits muss der Entwickler auch ein Verständnis für die technischen Hintergründe haben. Das beidseitige Verständnis zu haben und zwischen den Disziplinen die Übersetzungsarbeit zu leisten und darüber hinaus Kundensicht zu berücksichtigen, ist so ein bisschen die Königsdisziplin.
An welchen Projekten können Informatikstudierende denn bei der WSW schon mitwirken?
Sylvia Rath: Die Einsatzmöglichkeiten für Informatiker*innen sind bei uns vielseitig. In unserem zentralen Bereich „Informations- und Kommunikationstechnologie“ werden Hardware und allgemeine Software für die ganze Unternehmensgruppe zur Verfügung gestellt. In vielen Unternehmensbereichen gibt es spezielle Einsatzmöglichkeiten mit fachlichen Projekten für Informatikstudierende, wie Herr Dette ja schon in seinem Beispiel beschrieben hat.
Bastian Dette: Von der Steuerung und Optimierung unserer dezentralen Anlagen über die Entwicklung von individuellen und automatisieren Kundenlösungen bis hin zur datengestützten Entscheidungsfindung und Kundenanalyse – spannende Projekte gibt es je nach eigener Interessenslage zu Genüge. Sprecht uns gerne an, wenn ihr hierzu mehr erfahren wollt.